Das Bild, ein Zwischenort I Slika, vmesje
Die Galerie Walker in Schloss Ebenau richtet im Zuge der Herbstausstellung den Blick auf neue Arbeiten des Künstlers Gustav Januš. Fotos: © karlheinzfessl.com
Wer durch den Skulpturengarten schreitet, welcher sich im Kreislauf der Jahreszeiten stets verändert, dabei das leise Murmeln der alten Bäume vernimmt und die kräftigen Steinmauern des Schlosses Ebenau ihre Geschichte erzählen lässt, wird alsbald begreifen, warum Erich und Judith Walker gemeinsam mit ihrer Tochter Carolin Walker im Jahr 1996 den Gedanken reifen ließen, hier einen würdigen Platz für Zeitgenössische Kunst entstehen zu lassen. Als Privatgalerie geführt, finden sich Werke von Künstler:innen aus aller Welt, der Garten lädt mit Skulpturen von Bildhauern aus dem Alpe-Adria-Raum zum zeitvergessenen Sinnieren ein. „Es ist ein Ort besonderer Kraft, der Menschen, die den Weg hierher suchen, etwas Bleibendes hinterlässt“, spricht Carolin Walker mit Freude über den geschaffenen Raum, welcher in Erhaltung und Renovierung ebenso hohe Ansprüche stellt, wie die Kunstschaffenden an die Kunst. Ihr selbst wurde diese Leidenschaft von der Mutter weitergegeben. „Aus anfänglichem Hineinschnuppern wurde eine Aufgabe mit voller Hingabe.“ Zwei bis drei Themenausstellungen zieren den Jahreskalender der Galerie, ein langjähriger Wegbegleiter ist Maler und Lyriker Gustav Januš.
Der 1939 in Zell Pfarre/Sele geborene Künstler wird in der aktuellen Ausstellung „Das Bild. Ein Zwischenort.“ für seine unermüdliche Schaffenskraft zum 85. Geburtstag geehrt. „Meine Bilder entstehen zwischen Natur und Kunstwelt. Ich versuche, ein dynamisches Gleichgewicht zwischen diesen Elementen zu finden. Ein wichtiger Satz für mich lautet: ,Der Blick durch das Fenster der Farben ist schattenlos.‘ Der Name der Ausstellung leitet sich aus einem meiner Gedichte ab: ,Das Bild, ein Zwischenort im Tagebuch des Ahornblattes, im Steingrau der Zeit.‘ Es ist einerseits die Vielfarbigkeit, andererseits die Schwärze, die immer wiederkehren. Hinter der Farbe Schwarz verbirgt sich entweder die Dichte der Farben oder die lose Leere.“ Diese künstlerische Doppelbegabung veranlasst den Kunsthistoriker Thomas Zaunschirm zu folgender Erkenntnis: „Seine Bilder und überwiegend monochromen Skulpturen erklären die Sprache des Dichters nicht. Doch die Gedichte blicken in die Innenwelt des Künstlers und auf die Geschichte der Malerei.“
Seitdem er im Schuljahr 1958/1959 am Gymnasium Tanzenberg – wo Weggefährten wie Peter Handke und Florian Lipuš unterrichtet wurden – sein erstes Bild malte, strebt Januš danach, das endgültige Bild zu finden. „Es ist eine Abenteuerfahrt und eine Leidenschaft, die ich kaum verstehe; es treibt die Neugier, ob der nächste Tag das endgültige Bild bringt.“ Die Liebe zum Bild und zum Wort, die seine nicht nur zweisprachige, sondern vielmehr vielsprachige Kunst so unverwechselbar macht, wurde in der Schulzeit genährt. 1988 hielt er in einer poetologischen Notiz fest: „Auf dem Weg aus dem Widerspruch suche ich mit und in der Sprache die sich erneuernde, erweiternde Form und finde sie in den Knospen der Apfelblüte, im gemeinsamen Regenbogen, im verletzbaren und doch freundlichen Angesicht, in der Fortsetzung.“ Peter Handke übersetzte eine Vielzahl seiner Gedichte vom Slowenischen ins Deutsche und schlussfolgerte: „Ja, das Schöne sieht man schlecht; aber Gustav Januš ist ihm in all seinen Gedichten auf der Spur.“ Die Schreibfeder hat er mittlerweile mit Zufriedenheit zur Seite gelegt, der Malerei gibt er weiterhin breiten Raum. „Ludwig Wittgenstein behauptete einst: ,Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.‘ Ich meine, wovon man nicht sprechen kann, darüber sollte man malen. Ohne diese Kunst hätte man das Außerzeitliche, diese Welt nicht so vielfältig gesehen. Es ist eine Erweiterung.“
Die Werke von Gustav Januš vermögen in den Augen mancher Betrachter flüstern wie das Laub alter Bäume, welches der Herbstwind tröstend zum letzten Tanz bittet. Es ist das stetige Entdecken neuer Farben, Formen und Kompositionen, die versöhnt mit den schwarzen Schatten der Vergangenheit flanieren und sich kraftvoll im Antlitz der Jahreszeiten wachsam neuen Perspektiven entgegenstrecken.
Biografie. Gustav Januš, geb. 1939 in Zell Pfarre / Sele. Besuchte von 1952 bis 1960 das Bundesgymnasium Tanzenberg. Nach seiner Lehrtätigkeit an mehreren zweisprachigen Schulen, war er bis zu seiner Pensionierung Hauptschullehrer in Sankt Jakob im Rosental / Šentjakob v Rožu, wo er die Fächer Slowenisch, Bildnerische Erziehung, Physik und Chemie unterrichtete. Er lebt in Frießnitz / Breznica und ist Preisträger zahlreicher Auszeichnungen, u.a. dem Petrarca-Preis (1984), dem Joško-Tischler-Preis (2008) und dem Humbert-Fink-Literaturpreis (2018).
Ausstellungsinfo: www.galerie-walker.at
Dieser Text erschien in der aktuellen Oktober-November Ausgabe des Landeskulturmagazins DIE BRÜCKE in deutscher sowie in slowenischer Sprache.